Gedanken

Fotografen sind zu teuer / Niemand will mehr bezahlen – aka: Mimimi

Adler

“Fotografen sind doch alle geldgeil! Digitalkameras sind doch billig, warum nicht einfach selber machen?”

So in etwa der – provokant-satirische – Inhalt und Klang eines Beitrags über den ich jüngst gestolpert bin.

Beiträge dieser Art finde ich immer mal wieder im Internet. Die Aussagen sind immer ähnlich: Es werden Kosten der Fotografen aufgezählt, die Zeit für Ausbildung genannt und so weiter und sie haben ja alle Recht. Das stimmt alles, natürlich muss auch ein Fotograf Miete bezahlen und von irgendetwas leben etc.

Ich glaube trotzdem, dass solche Beiträge nicht das gewünschte Ziel erreichen…

Anekdote

Ich habe es selbst erlebt – Ich wurde mal sehr spontan gefragt, ob ich ein spezielles Shooting machen würde. Alles, was mein Gegenüber wusste war, dass ich Fotograf bin. Ich war so bekloppt und beantwortete die Frage nach einem Preis direkt und spontan.

Ja, ich weiß, Anfängerfehler wink

Schnell war Ruhe. Ich hörte dann wie eine Freundin gefragt wurde, was sie für ein Shooting bei einem anderen Fotografen bezahlt hatte. Es war viel weniger, soweit ich hören konnte. Über Zeit, Qualität oder überhaupt mal über Wünsche und Ergebnisse sprachen wir nicht – schade.

Nur mal so: Von 40,-/Shooting kann niemand leben, das kann mir keiner erzählen.

Ich habe gelernt? Ja. Ich nenne keinen Preis mehr bei solchen spontanen Anfragen sondern suche das Gespräch und einen Termin, verweise auf meine Bilder etc.

Fotoshootings wie ich sie gerne mache – Viel Spaß, viel Gefühl
Fotoshootings wie ich sie gerne mache – Viel Spaß, viel Gefühl

Warum Mimimi?

Beiträge wie der verlinkte sind meiner Meinung nach nur für zwei Dinge gut:

  1. Der Schreiber hat sich Frust von der Seele geschrieben und es geht ihm hoffentlich hinterher besser. Absolut legitim, mache ich selbst gerne smile
  2. Andere Fotografen trainieren die Hals- und Schulter-Muskulatur beim heftigen Kopfnicken. Jep, normal, mache ich auch oft bigsmile

Sie helfen ansonsten nicht weiter, weil:

  • potentielle Kunden diese Beiträge nicht finden/lesen
  • und wenn doch, interessiert es diese nicht, was für Kosten der Fotograf hat. Der Kunde hat schließlich auch Kosten und am Ende ist doch jeder auf der Suche nach dem günstigsten – oder billigsten Angebot, oder nicht?

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Ich gehe sogar noch weiter:

Nicht jeder, der Fotos haben möchte, muss auch ein Kunde werden. Ist doch ganz einfach: Entweder dem Kunden sind die Bilder etwas wert, und zwar so viel, dass ich als Fotograf davon meine Kosten decken und Sicherheiten aufbauen kann – oder es ist nicht mein Kunde.

Das meine ich überhaupt nicht böse, warum auch? Es ist ehrlich und fair für beide Seiten.

Finde ich zu wenig Kunden, kalkuliere ich vielleicht falsch, bin zu unflexibel (Einsatzort, Termine), bin zu beliebig oder mein Stil passt nicht in den aktuellen Zeitgeist. Es gibt viele Gründe und es ist zu einfach, die Schuld nur dem geizigen Kunden zu geben.

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Vielleicht mal anders

Wer irgendeinen Fotografen sucht, der fragt als erstes nach dem Preis. Das sind in der Regel Streu-Anfragen, Massenmailings an alle Fotografen in einem bestimmten Umkreis um jemanden zu finden, der an einem bestimmten Termin Zeit hat. Diese Auftraggeber wollen einfach schöne Fotos haben, nur kosten dürfen sie halt möglichst nichts.

Wer einmalige Erinnerungen haben möchte, besondere Ereignisse im Leben festhalten möchte für die Kinder und Enkel, der setzt sich mit den Arbeiten der Fotografen auseinander, sucht einen bestimmten Look, einen Stil oder jemanden, der nicht nur auf den Auslöser drückt und dabei auf die Uhr schaut sondern jemanden der sich auch um die Organisation kümmert und sich Zeit nimmt. Die erste Frage ist hier normalerweise, ob der Fotograf Zeit hat. In Extremfällen auch wann der Fotograf Zeit hat, um Feier oder Shooting passend zu legen. Der Preis ist hier auch nicht völlig egal aber die Diskussionsgrundlage und Vorstellungen sind ganz andere.

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Konzentriert man sich auf die Auftraggeber die mit geringem Budget unterwegs sind, muss man mehr Aufträge bekommen und abarbeiten. Es gibt in dem Bereich aber auch mehr Anfragen oder man hat es leichter welche zu bekommen. Nur ist die eigene Zeit endlich, zu tief sollte der Preis also nicht werden, ansonsten zahlt man drauf.

Legt man den eigenen Preis höher an, wird es gerade am Anfang schwerer an Aufträge zu kommen. Diese Kunden suchen keinen Dienstleister sondern einen Partner und so ein Vertrauen muss man sich erst einmal verdienen. Man benötigt sicher weniger Aufträge, dafür ist aber auch der Einsatz ein viel höherer. Es geht nicht mehr um 2-Stunden-Shootings sondern um Reportagen eines oder mehrerer Tage oder um aufwendige Studio-Arbeiten, etc. mit entsprechend komplexerer Nachbearbeitung der Bilder.

Keine dieser genannten Kundenprofile ist besser oder schlechter und zwischen diesen beiden Seiten gibt es keine harten Grenzen. Jeder Fotograf sollte sich selbst klar machen, welche Zielgruppe er bedienen möchte, welchen Aufwand er mit Shootings haben mag, worüber und mit wem er konkurrieren mag.


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