Analog Software

Umgedreht – Negative in Lightroom entwickeln

negativ-workflow-h

Ich hatte mir eine Plasik-Kamera zusammengebaut, habe mir einen Film besorgt, die lästige Wartezeit auf die Negative hinter mich gebracht und einen Weg gefunden, die Negative zu digitalisieren. Und nun?

Die Fotos von den Negativen waren schnell in Lightroom importiert, es waren aber immer noch Negative – was für eine Überraschung smile Ob man mit Lightroom überhaupt ein Positiv daraus entwickeln könnte? Oh ja, das geht – hat aber lustige Effekte.

Der Schwarz-Weiß-Film war im Grunde ein Farb-Film ohne Farbinformationen. Das hatte den Vorteil, dass so ein Film im Standard C-41-Prozess, der für Farbfilme gedacht ist, entwickelt werden konnte und die Labors keine zweite Suppe ansetzen müssen für die vermutlich eher selten eingeschickten Schwarz-Weiß-Filme. Abzüge werden dabei ebenfalls auf Farbpapier angefertigt, was wiederum notwendig ist um die Orange-Maske wieder zu kompensieren – Farbfilme haben nämlich eine solche Tönung. Möchte man solche Negative nun selbst verarbeiten, muss man mit dieser Maske klar kommen – naja, zumindest bei Farbfilmen smile Da ich ja Schwarz-Weiß fotografiert hatte, war das Vorgehen etwas einfacher.

So sah ein Bild direkt aus der Kamera in Lightroom aus:

negativ_1_20150116_IMG_8655

 

Negativ, eindeutig. Und nun?

OK, ich spanne Euch nicht länger auf die Folter. Der Trick in Lightroom ist die Gradationskurve. Diese hat zwei verschiedene Modi. Im Standardmodus kann man einfach 4 Zonen beeinflussen und Lightroom kümmert sich darum, dass man keine größeren Unfälle bauen kann. Unten rechts ist ein winziger Knopf um den Modus in den Ich-habe-keine-Angst-und-weiß-was-ich-tue Modus umzuschalten.

Jetzt funktioniert die Kurve so wie in Photoshop. Man kann beliebige Punkte setzen und ziehen bis das Bild völlig zerstört – äh – künstlerisch aufgewertet wird smile

Man kann aber auch die Kurve, bzw. die Diagonale umdrehen! Einfach den Anfasser ganz links unten bis ganz nach oben ziehen und umgekehrt auf der rechten Seite. Voilá – aus dem Negativ wird ein Positiv. Genial.

lightroom-gradation-negativ

Es war bei meiner Lightroom 5.7 Installation etwas fummelig die Kurve umzudrehen. Aus irgendeinem Grund hingen die Anfasser nicht so richtig am Mauszeiger,  ich musste die Punkte in mehreren Schüben bis zum Anschlag bewegen. Nicht drüber nachdenken, Adobe-Software, einfach freuen, dass es überhaupt geht.

Immerhin kann man sich so eine Einstellung als Vorlage abspeichern. Einfach unter der Kurve auf die Bezeichnung klicken und als neue Einstellung ablegen. Praktisch.

negativ_2_20150116_IMG_8655

Nun hatte ich also ein positiv. Aus der Orange-Maske wird nun ein hübscher Cyan-Blau-Stich. Ich freue mich ja schon drauf, wenn ich das mal mit Farbfilmen ausprobiere – Hier war es aber ein C41-Schwarz-Weiß-Film und auch wenn der Farbstich mit der Weißabgleich-Pipette durchaus in den Griff zu bekommen war, wählte ich die Schwarz-Weiß-Option in Lightroom

negativ_3_20150116_IMG_8655

 

Schon besser. Aber noch etwas flau. Es war an diesem Tag recht warm und sonnig, ich wollte also mehr Kontraste im Bild haben. Kontrastregler ist klar aber wenn man jetzt die Basis-Einstellungsregler in Lightroom verwendet, reagieren diese genau falsch herum denn sie werden vor der Gradationskurve angewendet.

Schob ich also den Belichtungsregler nach rechts, so wurde das Bild dunkler. Der Regler für die Lichter beeinflusste eher die Schatten und der Regler für den Schwarzwert war plötzlich für die hellen Töne wichtig. Das ist anfangs schon etwas verwirrend, wirkt dann aber plötzlich ziemlich logisch. Verrückt.

negativ_4_20150116_IMG_8655

Die schwerste Entscheidung war am Ende, ob ich den fluffig-sabschigen Rand vom Negativ im Bild lasse oder ob die Bilder komplett randlos zuschneiden sollte. Interessant wäre sicher auch gewesen, die Löcher vom Negativstreifen mit ins Bild zu nehmen.

hh_somikon_20150116_IMG_8641

hh_somikon_20150116_IMG_8646

Bei einer der ersten Aufnahmen vergaß ich prompt den Film weiter zu spulen. Das Ergebnis, eine Doppelbelichtung, fand ich aber aus irgendeinem Grund ansprechend – so ganz erklären kann ich es aber nicht

hh_somikon_20150116_IMG_8639

Ebenfalls interessant welche Details aus überbelichtet geglaubten Bereichen zum Vorschein kommen. Auf den Papierabzügen waren die Wolken nicht mehr wirklich zu sehen

hh_somikon_20150116_IMG_8651

Auch spannend zu sehen, wie viel vom Motiv für die Papierabzüge abgeschnitten wird. Bei dem folgenden Bild war das obere Ende vom rechten Poller nicht mehr auf dem Abzug

hh_somikon_20150116_IMG_8653

hh_somikon_20150116_IMG_8658

Kratzer und Flecken hätte ich natürlich sehr einfach mit Lightroom entfernen können und es wäre hilfreich gewesen, wenn ich die Negative vor dem Abfotografieren gesäubert hätte – so hat es aber auch einen gewissen rustikalen Charme, oder nicht? smile

Preset im Newsletter

Für die Newsletter-Abonnenten gibt es ein kleines Geschenk im nächsten Newsletter. Ich werde mein Preset für die Negativ-Entwicklung zum Download bereit legen. Darin enthalten ist die Konvertierung von Negativ nach Positiv inklusive der kontrastreichen Entwicklung des Positivs, so wie ich es für die oben gezeigten Bilder genutzt habe. Je nach Bild habe ich den einen oder anderen Regler ein paar Einheiten nach links oder rechts gezogen aber das Preset war ein sauberer Start der bei fast jedem Bild gut gepasst hat.

Der Film war ein Kodak Professional BW 400 CN, ich würde aber vermuten, dass das Preset auch bei anderen C41-Schwarz-Filmen gut funktioniert.

Habt Ihr ein paar analoge Fotos digitalisiert und vielleicht sogar mit meinem Preset entwickelt? Dann zeigt mal her – Verlinkt Eure Bilder einfach als Kommentar.


5 Kommentare

  1. Hallo, bin dabei meine Negative aus den Sechzigern und Siebzigern zu digitalisieren. Makrooptik, ein kleiner Leuchttisch und CameraRaw. Resultat auf Instagram, blinkblunck.

  2. Tausend Jahre her, dennoch (oder gerade deswegen) eine kurze Anmerkung. Inzwischen gibt es sehr gut aufgestellte Labors, die mit Schwarz Weiß Filmen genauso gut umgehen können, wie mit Farbfilmen. Foto Impex mit Shop in Berlin und Labor in Bad Saarow dürften da die Bekanntesten sein und nach meiner Erfahrung auch die Verlässlichsten.

  3. Interessanter Beitrag!

    Ich frage mich aber, ob es nicht die Qualität des Ergebnisses beschränkt, wenn das Bild mit der Orangemaskierung in den Rechner wandert. Der entsprechende Farbkanal hat doch dann nur noch einen eingeschränkten Spielraum.

    Sollte man die Maske nicht vor/bei der Aufnahme so weit wie möglich beseitigen? ZB, indem man das Negativ mit blauem Licht durchleuchtet. Ich hätte dafür den Farbmischkopf eines Farbvergrößerers zur Verfügung. Wenn man den auf der Säule um 180° dreht, hat man schon den halben Aufbau.
    Zudem könnte man den Weißabgleich der Kamera an einem unbelichteten Teil des Films ausrichten.

    1. Bei mir ging es ja um schwarz weiß – die Orangemaske war nur deshalb vorhanden, weil kein „echter“ s/w Film war – spielt für die s/w-Konvertierung bzw das Abfotografieren aber keine Rolle.

      Bei Farbfilmen muss man die Maske etwas raffinierter kompensieren (einfacher Weißabgleich genügt nicht wirklich weil die Farben je nach Grundfarbe unterschiedlich stark von der Maske beeinflusst werden)
      Du wirst also nicht einfach mit blauem Licht das Orange kompensieren können – bzw wenn du es kompensierst, beeinflusst Du die Farben in die andere Richtung :)

      Mein Tipp: einfach sauber belichten beim Abfotografieren, mit RAW arbeiten und dann ein Tool zum entfernen der Maske verwenden oder sich einlesen und es manuell mit 3 bzw 4 Ebenen in Photoshop o. ä. erledigen.

Schreibe einen Kommentar zu nSonic Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert