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Capture One Pro 8 – Erstes Date

Capture One Pro 8

Ich hatte es seit Monaten vor mir hergeschoben – Jetzt war die Workshop- und Foto-Saison vorbei und ich fand etwas Zeit für neue Projekte.  Eines davon ist die Idee, auf eine andere Software für die Bilderverwaltung und RAW-Bearbeitung zu wechseln. Statt also über Lightroom zu jammern, einfach mal etwas anderes benutzen.

Naja, einfach… Einfacher gesagt als getan wink

Lightroom ist ein ziemlich mächtiges Workflow-Tool und ich habe die Bedienung seit Jahren verinnerlicht, so dass ich damit schneller arbeiten könnte als die Software mich lässt. Würde da irgendeine Alternative überhaupt mithalten können?

Ich hörte in der Vergangenheit einiges über Alternativen zu Lightroom, fast immer war Capture One Pro dabei – kurz: Capture One oder C1. Capture One ist von Phase One, unterstützt aber nicht nur die digitalen Mittelformat-Rückteile sondern sehr viele RAW-Formate diverser Hersteller.

Wer lieber Open Source mag, der kann einen Blick auf Darktable werfen. Ich habe Darktable noch nicht ausprobiert, hier soll es zunächst um Capture One Pro 8 gehen.

Bevor es losging

Eine 30-Tage-Test-Version hatte ich auf der Webseite von Phase One schnell gefunden. Das war auch gut so – Capture One kostete zum Zeitpunkt dieses Tests schlanke 229 Euro. Dieser Preis galt für eine Single-User-Lizenz um die Software an zwei Rechnern zu benutzen. Wer mag, der kann dieselbe Lizenz auch für 12 Euro pro Monat abonnieren, was einem Jahrespreis von 144 Euro entspricht. Rein rechnerisch ist also alle 1,5 Jahre mit einem größeren Versionssprung zu rechnen. Eine Lizenz für zwei Rechner genügt mir – wer mehr benötigt kann mehr Scheine drauf werfen, von Multi-User mit 5 Arbeitsplätzen für 569 Euro bis 50 Arbeitsplätze für 4499 Euro ist alles dabei smile

Lightroom war früher auch teurer, die Preise um 100 Euro gibt es auch bei Adobe erst seit Apple sein Aperture günstig im App-Store angeboten hatte. 229 Euro sind für mich in Ordnung wenn die Software professionell läuft und mich so unterstützt wie ich mir das erhoffe. Die Diskussion um den ach so hohen Preis kann ich nicht nachvollziehen – Softwareentwickler möchten auch leben und ich finde den Preis für eine umfangreiche Software eher günstig.

Der Download war etwas über 300 MB groß, das dauerte bei meiner Leitung etwas, geht aber in Ordnung. Die Installation der Mac-Version war genau so, wie man sich das an einem Mac vorstellt – Ein Finder-Fenster öffnet sich, Drag&Drop des Programm-Icons auf den verknüpften Anwendungs-Ordner, fertig smile Super, so mag ich das!

Capture One Pro 8 – Installation am Mac per Drag&Drop, so soll es sein
Capture One Pro 8 – Installation am Mac per Drag&Drop, so soll es sein

Capture One gewinnt hier klar vor Lightroom. Lightroom kommt mit einem Installationssatz der Administrator-Rechte benötigt, vermutlich um die Kopierschutz-Mechanismen zu installieren, das war jedenfalls früher mal der Grund.

Erster Start – Sitzungen und Kataloge

Ich schicke mal vorweg, dass es sehr viele Videos zu Capture One gibt, sowohl auf der Webseite von Phase One direkt als auch auf Youtube und vielen anderen Seiten. Eine Suche lohnt sich um ein paar erste Eindrücke und Ideen für den Einstieg zu bekommen.

Die Demo-Version fragte in zwei Dialogen, welche Version ich starten möchte. Zwei kleine Klicks die vermutlich mit der bezahlten Version entfallen. Passt so.

Nun aber gab es einen Unterschied zu Lightroom. Ich sollte wählen, ob ich eine Session oder einen Katalog anlegen möchte. Da habe ich erst einmal gestutzt, mir Videos angesehen und einige Blogs gelesen.

Mit Katalog ist genau das gemeint, was man von Lightroom her kennt. Hier kann man seine Fotos sammeln, verschlagworten, bearbeiten, etc.

Eine Session ist, so habe ich es jedenfalls verstanden, wie eine Minimalversion eines Katalogs ohne Datenbank. Gedacht ist es wohl für Tethered-Shootings im Studio – Hier hat man eine Sitzung, ein Shooting, und alle Fotos landen direkt in einer Session, in einem Verzeichnis auf dem Rechner. Es gibt ein paar vordefinierte Ordner um Bilder auszuwählen. Man arbeitet seine Bilder ab, exportiert und ist fertig. Kein Archiv, keine sitzungsübergreifende Suche.

Ich wählte für meinen ersten Start also einen Katalog, ich wollte ja auch die Verwaltungsfunktionen sehen. Inzwischen frage ich mich, ob die Sitzungen eine gute Unterstützung für den Import sein könnten – Speicherkarten erstmal in eine Sitzung einlesen, dort auswählen und ggf. bearbeiten, dann zum Archivieren in einen Katalog importieren… Das ist nur so ein Gedanke, ob das praktikabel oder mit Kanonen auf Spatzen geschossen ist, weiß ich noch nicht smile

Phase One sagt, dass sowohl der Katalog als auch die Bilder überall abgelegt werden können, auch auf Netzwerk-Laufwerken. Das ist ein großer Unterschied zu Lightroom, hier können zwar die Bilder im Netz liegen, der Katalog selbst muss aber lokal gespeichert sein. Phase One meint aber auch, dass die Anwendung träger wird, wenn der Katalog im Netzwerk liegt – Logisch, vor allem wenn man nur per Wifi im Netz hängt smile Ich wählte also einen Platz auf meiner lokalen SSD.

Erster Blick

Capture One Pro 8 sah auf den ersten Blick ähnlich aus wie Lightroom, oberflächlich betrachtet mit zugekniffenen Augen – Beide haben eine Dunkle Oberfläche, verschiedene Bereiche um die Bildansicht, etc. Capture One wirkte auf mich filigraner und vielleicht dadurch technischer. Das mag daher kommen, dass Schriften und Symbole kleiner und feiner gezeichnet sind. Typografie und Whitespace, also Leerräume, sind nicht die Stärke von Capture One. Es sollte wohl funktional und nicht übermäßig hübsch sein smile Nun gut, ich würde noch sehen, wie sich die Oberfläche im echten Gebrauch schlägt – Noch hatte ich ja keine Bilder eingelesen und konnte gar nicht alles sehen.

Die Menüs waren prall gefüllt, viele Optionen um Dinge ein- und auszublenden oder anzuordnen. Na mal schauen.

Eines störte mich aber recht schnell, das wollte als erstes gelöst werden…

Deutsch oder englisch?

Capture One verwendet für die Programmoberfläche dieselbe Sprache die im OS-X eingestellt ist, bei mir also deutsch. Das ist im Prinzip auch toll und normalerweise das, was man auch möchte. Bei Bildbearbeitungsprogrammen bevorzuge ich allerdings englische Oberflächen.

Warum?

Weil mir die meisten Begriffe geläufiger sind. Ich möchte es eben lieber mit Clarity, Hue, Saturation, Exposure, Brightness, etc. zu tun haben und nicht mit Klarheit, Farbton, Sättigung, Belichtung, Helligkeit, … Es gibt da teils abenteuerliche Übersetzungen. Bei Capture One kam hinzu, dass manche deutsche Texte gar nicht richtig in die Dialoge passten, sie wurden abgeschnitten. Das sah fürchterlich aus – ja, wenn ich eine Anwendung stundenlang vor der Nase habe, möchte ich ein Mindestmaß an Ästhetik haben und nicht durch abgeschnittene oder ungewohnt übersetzte Begriffe verwirrt werden.

Außerdem habe ich, ähnlich wie bei Lightroom und Photoshop auch, viele Videos und Blogs zu Capture One in englisch gefunden aber kaum welche in deutsch.

Nur, wo stellt man die Sprache von Capture One um? Gar nicht! Jedenfalls nicht offiziell über eine Einstellung wie es bei Lightroom möglich ist.

Ganz früher konnte man so etwas mit OS-X im Finder pro Anwendung einstellen, diese Funktion gibt es aber schon lange nicht mehr. Es gibt wohl noch kleine Tools um so etwas noch zu tun, es geht aber auch von Hand:

  • Capture One beenden
  • Im Finder in den Anwendungen-Ordner wechseln und Capture One auswählen.
  • Im Kontextmenü Paketinhalt zeigen auswählen
    c1-deutsch-englisch-1
  • Im Ordner Contents / Resources den Ordner German.lproj finden und diesen umbenennen

    Verzeichnis für die deutschen Resourcen hier bereits umbenannt (Unterstriche ergänzt) damit Capture One in englisch startet
    Verzeichnis für die deutschen Resourcen hier bereits umbenannt (Unterstriche ergänzt) damit Capture One in englisch startet
  • Beim nächsten Start von Capture One findet die Software die deutschen Übersetzungen nicht mehr und greift automatisch auf die englischen zurück. smile
  • Solltet Ihr mal ein Update einspielen, wird man diesen Schritt vermutlich erneut durchführen müssen.

Nun war also alles vorbereitet und es konnte losgehen – davon erzähle ich dann im nächsten Beitrag smile

Vorteile von Capture One Pro 8 bis jetzt:

  • Einfache Installation per Drag&Drop
  • Kataloge dürfen im Netzwerk liegen (Aussage Phase One, ich habe es noch nicht ausprobiert)

Die Nachteile sind bisher eher gering:

  • Sprache lässt sich nur mit Trick auf Systemebene ändern
  • Text und Symbole wirken (typo-)grafisch nicht so aufgeräumt

…wenn es dabei bleibt, kann ich damit leben – nun, wir werden sehen wink

 


13 Kommentare

  1. Vielen dank, dass du mir erstmal die Arbeit abnimmst Capture One zu testen… Ich hab es zwar auch gekauft, aber in der Sony only Version für 50€ und merke aktuell, dass ich viel zu faul bin mich da einzuarbeiten, solange Lightroom noch (leidlich) läuft… Die aktuelle Lightroom CC Variante stürzt zwar permanent ab und ist für mich auch ohne GPU “Beschleunigung” unbrauchbar, aber auf meinem Produktiv Rechner hab ich noch die alte und jedes mal wenn ich mich an Capture One ran traue sagt meine Faulheit doch wieder “nimm Lightroom” bin also auf die followups gespannt

  2. Was mich immer wieder verblüfft, ist die unterschiedliche Performance von LR. Ich bin von den ganzen Problemen wohl ziemlich verschont geblieben, wundere mich aber über die Unterschiede der ganzen Geschichten . Bin gespannt, wie es weitergeht mit der Testphase.

    1. Jep, das ging mir damals schon so mit Aperture. Ich hatte mir die jeweils neuen Versionen immer mal wieder angesehen aber sie waren wirklich so langsam, dass es fast unbrauchbar war. Andere Nutzer schwärmten von der Geschwindigkeit auf sehr vergleichbaren Geräten. Ich habe nicht herausgefunden, warum es auf einigen Geräten so schnell und auf anderen so träge läuft.

  3. Moin Boris,
    danke für das Review. Nimmt einem ein bisschen die Angst vor einem Wechsel. Ich spiele ebenfalls mit dem Gedanken – bin atm noch auf LR5. C1 schreckt mich aber hauptsächlich aufgrund des Preises ab!
    Hast du zufällig deine Bilder in LR auch verschlagwortet und weißt wie der Import in andere CMS funktionieren könnte? C1 bietet ja eine seamless Übertragung von LR nach C1 an. Aber wie isses z.B. nach Darktable? Gehen mir da alle Schlagworte verloren, oder muss ich alle RAWs erstmal exportieren??

    1. Darktable musst Du selbst ausprobieren :)
      C1 hat seit Version 8 eine Import-Funktion für Lightroom. Was die kann? Keine Ahnung, so weit bin ich noch nicht :) Ich starte frisch.
      Ich kann Dir aber schon sagen, dass C1 kein Equivalent für die Flaggen hat (Pick/Rejected) – das dürfte also verloren gehen – aber wie gesagt, ich habe es noch nicht probiert.

      1. Moin,
        danke für die Antwort. Ich habe noch ein bisschen recherchiert und rausgefunden, dass die Metadaten wohl das geringere Problem sein werden. Stickwörter beispielsweise werden natürlich von C1 übernommen, aber auch von Darktable, Emulsion usw.
        Problem sind natürlich die Änderungen im Develop-Modul am Bild. Ich weiß nicht was C1 da kann. Für Darktable wurde aber 2013/14 ein Script geschrieben, das zumindest die “wichtigsten” Einstellungen (crop, Rotation, sättigung, Farbton, Tonal curve) aus LR übernimmt.

        Jetzt bin ich also richtig angefixt und will einen Systemwechsel mal mit Darktable testweise durchspielen. Der Verlust der Einstellungen aus dem Develop-Modul war bisher für mich das größte No-Go. andererseits, ich bin kein Profi in dem Sinne, dass ich mit meinen Bildern Geld verdiene und sämtliche editierten Fotos als RAW vorhalten muss/möchte. Insofern, natürlich unter der Voraussetzung, dass Darktable wirklich eine sinnvolle Alternative ist, könnte ich auch meine Bilder als JPG aus LR purgen und in Darktable frisch anfangen. Denn, mal ehrlich, man packt die Bilder sowieso nicht mehr an wenn man sie einmal fertig bearbeitet hat.

        1. Dann berichte mal :)
          Ich las irgendwo, dass C1 auch einige Entwicklungseinstellungen übernehmen soll oder versucht diese annähernd zu simulieren – es wird natürlich immer Abweichungen geben, die Werkzeuge funktionieren einfach anders und wenn man dann noch Presets von VSCO verwendet hat oder eigene Kamera-Profile erzeugt hat, dann wird das nicht wirklich klappen.
          Wenn Du alte Bilder als fertig entwickelte Version übertragen möchtest, würde ich aber trotzdem TIFF empfehlen wegen der höheren Farbtiefe (viel bessere Möglichkeiten doch noch mal etwas anzupassen) und weil es ohne Inhaltsverlust daher kommt.

  4. Vielen Dank für den Test, ich bin schon ganz gespannt auf das Ergebnis. Mir geht es genauso wie Dir. Ich wäre mit Lightroom total zufrieden, wenn es nicht so schneckenlangsam wäre.
    Falls Du Dich am Ende für Capture One entscheiden solltest habe ich noch zwei Hinweise: Die 229 Euro sind netto und es gibt im Capture One Blog unter http://captureoneblog.com/ einen 10% Gutschein. Banner auf der rechten Seite, ist eigentlich nicht zu übersehen.

    1. Oh, ‘Netto’ hatte ich übersehen, Danke für den Hinweis (für mich egal, da ich die eh wiederbekomme, für private Anwender aber immerhin ein Aufpreis von über 40 Euro)
      10% Gutscheine findet man in der Tat überall… (fast) jeder, der mal über C1 gebloggt hat, hat einen solchen Gutscheincode hinterlegt :D

  5. Ich nutze seit etwa 2 Jahren beide Applikationen parallel. Der Ausschlag war Adobes üble Preis- und Update-Politik sowie die Tatsache, dass man es immer wieder bei den großen dieser Branche sieht, wie Peter Hurley, Karl Taylor … (Liste ließe sich endlos fortsetzen), also all diejenigen, die sehr großen Wert auf Bildwirkung und feinste Nuancen legen.

    Die ganze kurze Fassung: C1 erzeugt schönere Bilder, LR macht mehr Spaß im Workflow. Grundsätzlich kann man mit beiden Tools sehr gute Ergebnisse erzielen. Doch gerade wenn Farben und deren Wirkung wichtig sind, bietet C1 einfach die besseren Einstellmöglichkeiten, die man in LR entweder gar nicht oder nur über kostenpflichtige Plugins und dann auch nicht wirklich non-destruktiv realisieren kann. Auch gibt es viele weitere Bereiche, in den C1 ganz klar die Nase vorn hat, wie bei den Farbeinstellungen durch den Color Editor oder jetzt auch Color-Balance-Räder, die einfach genial sind. Auch die multiplen Ebenen bringen mehr Möglichkeiten, als der Pinsel und Gradientfilter etc. in LR, die schnell unübersichtlich werden. C1 bietet dem Katalog auch Sessions an, was ich eigentlich nur nutze, weil ich als visueller Mensch die eingeschränkten und ganz gar nicht grafische Bildverwaltung (in beiden Tools) nicht verwende – und schon sind die Shooting-Sessions, in denen alles in einem Verzeichnis und ohne Umweg über Katalog sauber verwaltet wird, viel praktischer. Die Schärfe-Anzeige, der multiple Export (gleichzeitig verlustfreie PSD in 16bit und hoher Auflösung und High-Res Jpegs und auf spezielle Größe kleingerechnete Preview Jpegs, die noch dazu individuell benannt und auch in eigenen Ordnern abgelegt werden können … funktioniert in C1 in EINEM Arbeitsschritt mit wenigen Klicks.

    Der Knackpunkt ist jedoch der Workflow. Er ist zwar eigentlich näher an der fotografischen Arbeitsweise, aber gewöhnungsbedürftig, vor allem wenn man LR gewohnt ist. Dafür lässt sich bei C1 die Arbeitsoberfläche nahezu beliebig individuell auf die eigenen Bedürfnisse einstellen, während LR starr den Workflow vorgibt. Wer großen Wert auf die Bedienung legt, der findet LR oft besser oder sagen wir einfacher, während C1 die bessere RAW-Engine liefert und deutlich mehr Möglichkeiten, die Bildwirkung direkt zu bestimmen und damit beste Bilder zu generieren. Letztlich ist der Funktionsumfang auch größer, so dass C1 mehr Leistung/Features für Geld bietet. Es kommen regelmäßig Updates und Upgrades, es gibt viele und gute Webinare zu C1. Für mich ist C1 die einzig wirkliche und eigentlich bessere Alternative zu LR.

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