Na gut, der Titel ist missverständlich – Ich habe Früher viel auf Film fotografiert und ich habe sogar in der eigenen Dunkelkammer, einem umgebauten Badezimmer, Abzüge und Vergrößerungen selbst angefertigt. Aber tatsächlich habe ich noch nie selbst einen Film entwickelt – von meinem Praktikum bei einer Fotografin mal abgesehen.
Nun probiere ich gerade eine voll mechanische Mittelformat-Kamera aus und ich wollte auf keinen Fall auf Postweg und Labor warten. Also besorgte ich mir ein Starter-Set für die Schwarz-Weiß-Filmentwicklung, studierte die Anleitung und legte los.
Wie das bei mir funktioniert hat und wie die ersten Bilder geworden sind, erfahrt Ihr nach dem Klick
Erst mal bei Licht üben
Einen Film hatte ich geopfert, damit ich das Aufspulen bei Tageslicht üben konnte. Ich glaube ja schon, dass diese verstellbaren Kunststoffspulen ein ganz einfaches Prinzip haben, ich finde sie aber trotzdem magisch. An der Spule ist eine Hilfe zum Einfädeln des Filmes, eine Art Schiene oder Schacht. Hat man den Film dort hinein geschoben, kann man die beiden Spulenseiten abwechselnd ein paar Grad drehen, immer hin und zurück. Bei jeder dieser Bewegungen wird der Film ein Stück weiter auf die Spule geschoben, wobei er sich langsam aber sicher auf der Schienen-Spirale nach innen bewegt. Irre – jedenfalls wenn man so begeisterungsfähig ist wie ich bigsmile
Bei Kleinbildfilmen muss man dafür die Patrone knacken – habe ich auch noch nicht gemacht – bei den von mir verwendeten 120er Rollfilmen ist das viel einfacher. Der Film liegt nämlich geschützt hinter einem Papierstreifen, der über die gesamte Länge läuft. Am Anfang und am Ende ist dann nur Papier. Man rollt nun einfach das Papier solange ab, bis der Film zum Vorschein kommt – dies ist das Ende des Films. Der Film wird dann in die Spule gefädelt, aufgespult und dann, wenn man am Anfang angekommen ist wo er mit einem Klebestreifen am Papier befestigt ist, vom Papier gelöst – das geht einfach von Hand, keine Schere nötig.
OK, Prinzip verstanden. Nun konnte es ernst werden.
Dunkelsack
Mein Dunkelsack hat zwei Lagen die am Boden mit je einem Reißverschluss geöffnet werden können. Hier konnte ich die Dose und den Film hineinlegen, den Sack wieder verschließen, die Arme durch zwei seitliche Öffnungen stecken und loslegen.
Der Dunkelsack ist Lichtdicht. Ich hätte das alles auch in einem vollständig verdunkelten Raum machen können nur ist das leichter gesagt als getan. Schlüsselloch, Luftschlitze, der Schlitz unter der Tür – überall kommt Licht durch und der einzige Raum wo es denkbar gewesen wäre, war das Gäste-WC, was aber eher winzig ist. Mit dem Dunkelsack konnte ich bequem bei Tageslicht im Wohnzimmer spielen.
Denkt daran, vorher Uhren und Sportarmbänder etc. abzulegen, alles was leuchten kann muss raus aus dem Sack.
Na gut, ich ertastete im Dunkeln die Dose und den Film, konnte sie aber trotzdem nicht erreichen. Hä? Oh! Ich Schussel – Ich sagte ja, der Sack hatte zwei Lagen und wohin hatte ich alles geschoben? Genau, in die erste Lage bigsmile Kein Problem, Arme wieder raus, Reißverschlüsse auf, nun alles richtig in den Dunkelsack gelegt, Reißverschlüsse zu, Arme rein, jetzt war alles klar.
Vom mehrfachen Üben waren die Arbeitsschritte klar. Ich hatte auch beim Üben mal die Augen zu gemacht und wusste so, wie ich die Aufspulnasen an der Spule finden konnte, wusste, wie sich der Film anfühlt und tatsächlich ging dann alles recht einfach und schnell von der Hand.
Einmal aufgespult kam der Film in die Dose, Deckel drauf, fertig. Ab jetzt konnte nichts mehr passieren. Ich nahm alles aus dem Sack und kümmerte mich um die Chemie.
Flüssigkeiten
Im Starter-Set war der SAM-Entwickler und der 6punkt5-Fixierer von Spürsinn. Beides sind Konzentrate, müssen also in einem bestimmten Verhältnis mit Wasser verdünnt werden.
Das Rezept auf dem Beipackzettel gab an, dass der Entwickler im 1+5 Verhältnis gemischt werden sollte, also ein Teil Entwickler und fünf Teile Wasser. Am Boden der Dose war zu lesen, dass ich für einen 120er Film 590ml Flüssigkeit benötigen würde, damit der komplette Film bedeckt wäre. Zum einfacheren Rechnen habe ich das auf 600ml aufgerundet – mehr schadet nicht. Damit war es einfach – 100ml Entwickler und 500ml Wasser.
Die Temperatur sollte in diesem Fall 20°C betragen. Hierbei war das Thermometer hilfreich. Es muss nicht auf das Zehntelgrad passen aber man sollte auch nicht mehrere Grad daneben liegen. Ich drehte einfach Warmwasser auf und wartete, bis es knapp über 20°C waren. Den Rest nutzte ich für die Blumen.
Die Mensur, eine schlanke Messbecher-Röhre, und ein Trichter waren dabei sehr hilfreich. Ich kippte beides in eine braune Kunststoffflasche, die ich mit Entwickler beschriftete. Ich spülte Trichter und Mensur gut aus und mischte dann den Fixierer an. Hier sollte es ein 1+6 Verhältnis sein. 85,7ml Fixierer, 514,3ml Wasser. Öhm. Ich rundete das mal großzügig und kippte alles in eine weiße Kunststoffflasche und beschriftete diese mit Fixierer.
Die App – Develop!
Die nächsten Schritte waren eigentlich klar. Erst den Film wässern, dann entwickeln, anschließend stoppen und fixieren und zum Abschluss noch mal wässern.
Allerdings sind dabei bestimmte Zeiten einzuhalten und beim Entwickeln – bei der Kippentwicklung – sollte man Anfangs für 30 Sekunden ständig die Dose kippen und danach jede Minute einmal. Es gibt natürlich noch zig andere Methoden aber damit wollte ich mal starten. Ich hätte das nun alles mit der Stoppuhr meines Smartphones machen können aber ich wollte es bequemer haben.
Ich bekam eine App namens Massive Dev Chart Timer empfohlen. Diese App kostet ein paar Euros, kommt aber mit einer riesigen Datenbank an Rezepten und Entwicklungsmethoden mit. Man könnte einfach ein Rezept heraus suchen und schon sind diverse Timer programmiert, die einen an jeden Schritt erinnern. Praktisch. Die Datenbank gibt es allerdings auch kostenlos online, wer es mit der eigenen Stoppuhr probieren möchte.
Die iTunes-Store-Suche zeigte mir dann noch eine zweite App namens Develop! die kostenlos war. Hier steckt keine Datenbank dahinter aber man kann recht einfach eigene Rezepte, sprich mehrere Timer eintragen wobei die Timer auch Intervallerinnerungen haben können. Ich dachte mir, ich könnte die teure App immer noch kaufen, wenn ich wirklich tiefer in das Thema einsteigen würde. Derzeit habe ich es mit einer überschaubaren Anzahl von Filmen zu tun also wählte ich die kostenlose App.
Ich legte mir ein Rezept für den Ilford Delta 100 an, der mein erster Film auf der Spule war. Zwei Minuten wässern, Sechs Minuten entwickeln – mit einer ersten Erinnerung nach 30 Sekunden und weiteren Erinnerungen jede Minute – wässern zum Stoppen für 20 Sekunden, fixieren für 15 Minuten und noch mal wässern für 15 Minuten.
Die App wartete nach jedem Timer auf einen Bildschirm-Tap, man kann es wohl auch per Stimme weiterschalten – werde ich auch mal ausprobieren, denn während des Vorgangs hat man nasse Finger mit denen man nur ungern auf den Bildschirm tatschen möchte.
Panschen
Der Timer wurde gestartet und im Badezimmer, Dank lichtdichter Dose alles bei Tageslicht, ging es los. Beim Einfüllen der Flüssigkeiten war der Trichter richtig praktisch, damit ging alles sehr einfach und nichts ging daneben.
Der Entwickler war in der Dose, ich kippte fleißig jede Minute und zum Schluss kam der Mix zurück in die braune Flasche.
Ich hatte nämlich gelesen, dass man diesen auffrischen könnte um ihn mehrfach zu verwenden, dazu mehr wenn ich über meinen zweiten Film berichte.
Auch der Fixierer-Mix kam am Ende zurück in die weiße Flasche, auch dieser sollte mehrfach verwendet werden können.
Nach dem Fixieren konnte die Dose geöffnet werden. Nun sollte der Film noch einige Minuten im Wasser liegen um alle Chemikalien auszuwaschen. Es bietet sich an, dies mit der Spule in der Dose zu tun aber ich war zu neugierig. Ich öffnete die Spule und legte den Film lose in eine große Vase mit Wasser, damit ich einen ersten Blick erhaschen konnte – Ob wohl überhaupt etwas zu erkennen wäre?
Magie
Es war! Deutlich waren die Negative zu erkennen. Einige stark unterbelichtet, also eher transparent auf dem Filmstreifen, andere leicht überbelichtet also sehr dunkel. Aber es war etwas zu erkennen.
Leider war auch zu sehen, dass der Filmtransport nicht sauber funktioniert hatte. Statt den ganzen Filmstreifen zu nutzen hingen die Negative direkt aneinander beziehungsweise überlappten sich sogar. Hm, das gibt noch eine Herausforderung bei der Archivierung der Negative – wie werde ich die wohl zerschneiden?
Egal – wichtiger war, dass überhaupt etwas zu erkennen war smile
Der letzte Schritt machte mir ein wenig Angst. Im Set war eine Abstreifzange enthalten, um das Wasser vom Filmstreifen zu ziehen. Eine Zange mit Gummilippen. Man setzt sie an einem Ende an und zieht dann den kompletten Film durch. Ja, ich habe es tatsächlich gewagt, es war ja ohnehin mein Testfilm und die Zange war neu und in einem Plastikbeutel verpackt gewesen. Wäre auch nur ein Staubkorn am Gummi gewesen, hätte ich einen feinen Streifen über alle Negative ziehen können…
Dringende Empfehlung aus meiner Community: Werft diese Zange sofort weg oder nutzt sie für etwas völlig anderes. Ansonsten geht Ihr das Risiko ein, Eure Negative zu zerstören den gerade im nassen Zustand sind sie sehr empfindlich.
Wer weiches Wasser hat, der kann den Film sicher einfach komplett nass zum Trocknen aufhängen. Wir haben aber recht hartes Wasser, da wollte ich keine Kalkflecken riskieren.
Als Alternativen wurden mir genannt:
- Ein paar Tropfen spezielles Netzmittel ins Wasser kippen, dann bleibt kein Wasser am Film haften
- Etwas destilliertes Wasser beim letzten Wässern dazu geben für einen ähnlichen Effekt
- Generell destilliertes Wasser verwenden, wenn man sehr kalkhaltiges Wasser aus der Leitung bekommt
Ich werde es zukünftig mal mit dem destillierten Wasser beim Wässern versuchen.
Abzüge auf Fotopapier in der Dunkelkammer werde ich nicht machen. Stattdessen werde ich wieder den hybriden Ansatz fahren und die Negative digitalisieren, ähnlich wie ich es beim letzten Mal mit dem Kleinbildfilm auch gemacht habe. Darüber dann mehr in einem anderen Beitrag smile
Fazit
Die ersten Ergebnisse seht Ihr hier im Beitrag. Da ich zu diesem Zeitpunkt noch krank geschrieben war, blieb mir nur der Balkon als Motiv smile Ich bin aber durchaus zufrieden mit den Bildern – Man muss ja bedenken, dass die Primar Reflex keinen Belichtungsmesser hat, die Belichtung hatte ich für ein Bild mit der Olympus gemessen und danach geschätzt.
Es hat Spaß gemacht und auch wenn die zusammenhängenden Negative etwas frustrierend sind, hatte ich schnell den nächsten Film eingelegt. Diesmal einen Kodak Tri-X 400 – mal gucken, wie das mit dem funktioniert.
Filmtransport korrigieren?
Kennt Ihr das Phänomen mit den überlappenden Negativen? Es ist eine Primar Reflex II – wenn Jemand von Euch eine Lösung kennt oder jemanden, der so etwas reparieren kann, bin ich für Hinweis und Kontaktinformationen dankbar smile
Komplett mit demineralisiertem Wasser zu entwickeln ist übrigens nicht zu empfehlen, es sei denn, der Entwickler ist dafür gemacht. Wenn das Wasser keine Kalk hat, dann hat der Enthärter, der Teil der meisten Entwickler ist, nichts zu tun und das kann auch wieder lustige Seiteneffekte haben.