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Passepartouts selber schneiden

Neulich schrieb ich schon über Passepartouts, was das ist, wofür man sie benutzt und auch darüber wie schlecht die Qualität bei beigelegten Passepartouts sein kann und warum man beim Kauf sehr genau hinsehen sollte.

Ich könnte nun für jedes besondere Format zum Händler gehen und mir ein passendes Passepartout nach Wunsch anfertigen lassen. Ich könnte jeden Rahmen mit einem schlampigen Passepartout reklamieren und umtauschen. Könnte ich. Kostet aber alles Geld und Zeit.

Ich könnte doch einfach dicken Karton kaufen und meine Passepartouts selber schneiden – Wie schwer kann das schon sein? smile Hier ein kleiner Bericht zu meinem ersten Versuch – Welches Schneidegerät ich verwendet habe, welche Probleme ich hatte und welche Lösungen ich mir ausgedacht habe.

Schräge Kanten

Ein normales Stück Papier kann man mit einer scharfen Klinge und einem stabilen Lineal schneiden. das ist kein Problem. Mir ging es aber um dicke, um plastische Passepartouts, ich rede hier von 1,5 mm bis 2 mm Kartonstärke. Bei so einem Karton möchte man schräge Innenkanten haben und die lassen sich freihändig nicht mehr wirklich gut schneiden.

Passepartouts-Schneider

Ich hatte ein wenig im Internet gestöbert und war dann über die Passepartouts-Schneider von Logan gestolpert. Im Grunde ein Schneidebrett mit einstellbarer Anlegekante und einem Bügel, der den Karton festhalten kann. Pfiffig sind die Klingen, die sich in eine Führungsschiene an diesem Bügel einklemmen, so dass sie wirklich gerade geführt werden können.

Ich entschied mich für eine günstige Variante mit zwei Klingen. Mit dem einen Schneidewerkzeug kann man gerade Kanten schneiden, zum Beispiel um den Karton vom Außenmaß zurecht zu schneiden. Das andere Schneidewerkzeug führt die Klinge in einem 45° Winkel für den 3D-Schnitt der Innenkanten.

Günstig ist dabei durchaus relativ, etwas über 200 Euro wurden fällig. Ich gehe auch davon aus, dass ich es für eher kleinere Passepartouts benötigen werde, ich habe nicht so viel Platz an den Wänden, doch leider gab es kein kleineres Schneidebrett. Nun könnte ich irgendwas um 80 cm lange Kanten schneiden und muss mir noch überlegen, wo ich das Riesenteil verstauen kann, wenn ich es nicht verwende. wink Das war definitiv kein Vernunftkauf sondern entsprang meiner puren Neugier und einem inneren Impuls etwas neues ausprobieren zu wollen.

Rechnen, Messen, Zeichnen

Außenmaße festlegen

Zuerst muss der Karton natürlich auf die passende Größe zurecht geschnitten werden. In diesem Beispiel passen Bilder mit 13 × 18 cm in den Rahmen. Das ist das korrekte Außenmaß für das Passepartout. Stephan, ein sehr lieber Happy-Shooting-Hörer und Blog-Leser war so freundlich mir ein paar fertige Passepartouts zu schneiden und mir ein paar Reste zum Ausprobieren zukommen zu lassen. Wie es der Zufall will, waren genau passende Reste dabei, so dass ich direkt zum eigentlichen Passepartout-Schnitt übergehen konnte smile

Frei Auge schneiden ist möglich aber nicht zu empfehlen, wenn man ein bestimmtes Maß haben möchte wink Also ging es erst einmal ans Anzeichnen der Schnittlinien. Ich wollte ein Bild mit 9 × 13 cm in den Rahmen legen. Das Außenmaß ist an der langen Seite 18 cm.

18 – 13 = 5 – Ich habe also 5 cm Rahmen, an jeder Seite 2,5 cm. Für die kurze Seite rechne ich genauso: Außenmaß 13 cm – gewünschter Ausschnitt 9 cm = 4 cm die auf beide Seiten zu je 2 cm verteilt werden. Fertig. An den Rändern habe ich die Maße mit Bleistift markiert.

Natürlich habe ich auf der Rückseite des Kartons gemessen und gezeichnet, ansonsten würde man ja die Linien hinterher sehen wink Also vorher festlegen, was vorne sein soll.

Es ist übrigens auch clever, wenn man sich eine saubere Unterlage sucht. Legt man nämlich den guten Karton mit dem Gesicht nach unten auf einen feuchten oder dreckigen Schreibtisch, kann man den Karton direkt weg werfen. Weiße Baumwoll-Handschuhe sind auch keine schlechte Idee um Finger-/Fettabdrücke zu vermeiden. Da ich hier nur am Experimentieren war, habe ich darauf verzichtet.

Bei meinem neu erworbenen Passepartout-Schneider gibt es eine schöne und feine einstellbare Anlegeschiene. Ich hatte ja gemessen, wie weit die innere Linie von der äußeren entfernt war. An der kurzen Seite waren es 2 cm. Also stellte ich den Anschlag auf 2 cm ein.

Anschlag auf 2 Zentimeter
Der Anschlag lässt sich recht fein einstellen

So weit, so gut, dachte ich mir. Auf zum Ausschneiden – wie schwer könnte das schon sein? bigsmile

Schräge Kante schneiden – verstehen wie ein Messer funktioniert

Schneider vorbereitet

Um schräg zu schneiden, benötigt man ein schräg gestelltes Messer. Der Passepartout-Schneider wurde mit einem solchen Messer geliefert. Bei diesem steht die Klinge in einem 45° Winkel.

Der eigentliche Cutter im 45° Winkel

Sehr gelungen finde ich, dass die Messer in eine Laufschiene eingehakt werden können. So ist ein gerader Schnitt garantiert.

Dieses spezielle, schräge Messer funktioniert nun so, dass man mit dem Daumen die Klinge nach unten drückt und diese dann, in der Mitte des Werkzeugs auf den Karton trifft. Das klingt nun sehr simpel, wenn man aber davor sitzt fragt man sich erst mal: “Wo genau ist denn jetzt die Mitte? Wo muss ich das Werkzeug ansetzen, damit ich auch wirklich exakt meine angezeichnete Linie treffe?”

Markierung am Cutter – Auf dieser Höhe trifft das Messer den Karton

Dabei hilft eine kleine Markierung am Cutter. Sehr gut. Das klang einfach, also los ging es

Nach Anleitung: Präzise ansetzen, rechtzeitig aufhören

Cutter falsch angesetzt

Anleitungen lesen musste ich ja nicht, ich bin ja total schlau… Natürlich nutzt man das schräge Messer genau so wie das mitgelieferte Messer für die Geraden Schnitte. Letzteres wird von einem selbst entfernt angesetzt und dann zu sich hingezogen. Also machte ich das mit dem schrägen Cutter auch…

Ich drückte das Messer in den Karton und versuchte es zu mir hin zu ziehen. Puh, das ging verdammt schwer. Richtig sau schwer! Ich schaffte es in mehreren Ansätzen und lies das Messer durch und über den Karton ruppeln … Das Ergebnis:

Ein “Schnitt”, der mit einem Löffel auch nicht schlechter geworden wäre

Nicht so prickelnd. Das konnte alles nicht richtig sein. Also noch mal überlegt, gelesen, den Cutter mal richtig angesehen. hust ja, ganz schlau war ich… nicht bigsmile

Das schräge Messer muss von mir weg geschoben werden! Das hätte ich erkennen können, wenn ich mir die Klinge mal angesehen hätte, die nämlich nur auf einer Seite scharf ist. Oder wenn ich die Anleitung erst gelesen hätte. Oder wenn ich einfach dem ergonomischen Bauchgefühl mit diesem Werkzeug gefolgt wäre. Gut, das wäre geklärt. Die anderen Kanten können also besser werden wink

Cutter richtig angesetzt – unten!

Das Prinzip sollte nun, laut Anleitung, folgendes sein:

  • Der Cutter wird an der unteren Linie angesetzt. Dabei hilft die Markierung am Werkzeug um die Ecke genau zu treffen
  • Dann wird der Cutter nach vorne geschoben
  • Liegt die Markierung des Cutters über der oberen Linie, hört man auf

OK, habe ich so gemacht.

Innenteil fällt nicht heraus? Von dicker Pappe und Rotationswinkeln…

Hätte ich alles richtig gemacht, hätte das Innenteil von alleine herausfallen müssen. Tat es aber nicht. Es hing an den Ecken noch immer fest. Ich musste es mit Kraft heraus drücken bzw. noch einmal nachschneiden.

Durch herausdrücken und nachschneiden unsaubere Kanten

Was war schief gelaufen? Ich grübelte und fand, vermutlich, die Lösung des Rätsels:

  • Ich habe es mit einem dicken Karton zu tun. Die dritte Dimension ist also relevant
  • Die Klinge des Cutters dringt mit einer Rotationsbewegung in den Karton ein. Sie kommt also, auf der nach unten liegenden, Vorderseite an einem anderen Punkt heraus als sie auf der Rückseite eingedrungen ist.

Videos, die ich bei Youtube fand, bestätigten meine Theorie. Es gibt auch Schneidewerkzeuge mit zwei Markierungen, vermutlich aus genau diesem Grund. Wobei ich mich dabei schon wieder frage, wie zwei statische Markierungen für verschiedene Kartonstärken passen sollen.

Fakt ist: Die Schnitte müssen beim ersten Mal sauber ausgeführt werden. Muss man den Ausschnitt hinterher heraus drücken, wird der Karton gerissen und das sieht hässlich aus. Muss man nachschneiden, wird man niemals exakt denselben Schnitt treffen und so in den vorhanden Schnitt hinein schnitzen und etwas abhobeln was genauso mies aussieht.

Niemals das Innenteil mit Kraft herausdrücken oder Schnitte Wiederholen. Ergebnis ist auf jeden Fall: Kaputt

Nun gut, ich übe ja noch bigsmile

Also einfach den Ausschnitt genommen, neue Linien gezeichnet zum Ausprobieren und munter los geschnitten. Das ist auch mein Tipp: Nehmt Euch einen Karton zum Üben, markiert Euch einen möglichst schmalen Rand damit der Ausschnitt möglichst groß bleibt. Dann könnt Ihr mehrere Durchgänge üben mit demselben Material.

Beim zweiten Versucht sahen die Kanten schon besser aus. Von “gut” bin aber noch weit entfernt

Idee für zweiten Versuch: Mehr Zeichnen, Ansätze verschieben

Nach meiner Logik bräuchte ich eigentlich drei gezeichnete Innenlinien:

  1. Der innere Ausschnitt mit dem exakten Maß das ich haben möchte. Das sind die Linien, die ich jetzt auch gezeichnet hatte
  2. Einen äußeren Rahmen der so viel Millimeter größer ist, wie der Karton dick ist.
  3. Einen inneren Rahmen der so viel Millimeter kleiner ist, wie der Karton dick ist.

Mein Vorgehen wird dann wie folgt sein:

  • Die 45° Klinge werde ich am äußeren Rahmen ansetzen. Durch die Rotation der Klinge beim Eindringen ins Papier sollte sie auf der anderen Seite auf Höhe der mittleren Linie, also bei meinem gewünschtem Maß heraus kommen.
  • Dann schiebe ich die Klinge bis zum inneren Rahmen vor. Wenn das Schneideinstrument auf der Rückseite des Kartons die innere Rahmenline erreicht hat, sollte die Klinge auf der Vorderseite schon an der mittleren Linie angekommen sein und somit mein gewünschtes Maß geschnitten haben.
  • Das wiederhole ich nun vier mal, also auf jeder Seite.

Wenn ich jetzt keinen Gedankenfehler gemacht habe, sollte ich auf diese Weise einen sauberen Schnitt mit dem gewünschten Maß erhalten. Ich werde berichten smile


2 Kommentare

  1. Hi Boris,

    sehr interessant, gerade gestern hatten wir es im Verein davon, uns einen Passepartoutschneider für alle Mitglieder anzuschaffen ;o) Ich bin auf deine Fortsetzung gespannt!

    Vielen Dank für deinen Bericht und viele Grüße
    Thomas

  2. Wir haben uns auch einen Passepartoutschneider angeschafft, allerdings das System von Maped.
    Ausschlaggebend für die Anschaffung war neben der Kostenersparnis, wenn man häufiger Passepartouts benötigt, auch die Möglichkeit flexibel und individuell zu arbeiten.
    Farbige Mehrfachpassepartouts lassen sich so abgestimmt auf das Bild super realisieren, ohne jedesmal eine Rahmenwerkstatt bemühen zu müssen.

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